1. Einleitung
Ich stelle hier eine sportliche, landschaftlich abwechslungsreiche und wunderschöne Rundwanderung an der südhessischen Bergstraße vor. Die Ausarbeitung der Wanderung war Gegenstand meiner Prüfung zum DWV-Wanderführer, und sie ist auch hervorragend für eine ganztägige geführte Fotowanderung zum Thema „Natur- und Landschaftsfotografie“ geeignet. Und kann natürlich auch von euch alleine gegangen werden – alle wichtigen Streckeninfos findet ihr in der Tourenbeschreibung. Die reine Gehzeit beträgt rund 5h (kann auf knapp 4h abgekürzt werden).
Wir erleben auf der Wanderung prägende landschaftliche und kulturelle Elemente Südhessens, erklimmen auf dem Nibelungensteig die bewaldeten Höhenzüge des Vorderen Odenwalds, erkunden eine mittelalterliche Burg, welche über der Bergstraße thront, und genießen schließlich auf dem Blütenweg liebliche Weinhänge mit üppiger, geradezu mediterraner Pflanzenwelt am Wegesrand.
Fotografisch bietet die Wanderung alles, was das Herz des Natur-, Landschafts- und Makrofotografen begehrt: Wälder, Wiesen, Weinberge, Blumen, Fels und Totholz, wunderbaren Aussichten garniert mit mittelalterlichen Burgen, Vögel und Insekten und vieles mehr.
Für wen ist die Wanderung geeignet?
Alle sportlich orientierten und fotobegeisterten Wanderer, sowohl Fotoanfänger als auch Fortgeschrittene. Kondition für eine Gehzeit von ca. 5h mit 500m Höhendifferenz, teilweise im schweren Anstieg, wird vorausgesetzt. Fotografisch sollten die Zusammenhänge von Blende, Belichtungszeit und ISO grob vertraut sein. Bei der Ausrüstung sollte möglichst ein Weitwinkel, ein Normalobjektiv und ein Makro vorhanden sein, gerne auch leichtes Tele sowie Filter.
Wo geht’s los?
Start und Ziel ist der Bahnhof in Zwingenberg
Wann starten wir?
Für eine Fotowanderung: Sonnenuntergang minus 7 Stunden, im Winterhalbjahr kann auch morgens gestartet werden.
Was brauche ich?
– geeignetes Schuhwerk (der Weg führt teilweise über Naturpfade mit Wurzelsteigen)
– Rucksack mit Regenschutz und ggf. Wäsche zum Wechseln, ausreichend Wasser sowie Snacks
– Fotoausrüstung
Versorgungsmöglichkeiten
– Melibokushütte
– Schloss Auerbach
Teilnehmerzahl des Fotowalks
nach Absprache
Teilnahmekosten bei geführter Fotowanderung
richtet sich nach Teilnehmerzahl und Themen (bei 4 Personen ab 59,00 EURO p. P.)
2. Streckenbeschreibung
Erster Teil: Anstieg auf den Melibokus
Wir gehen vom Bahnhof Zwingenberg zunächst weitgehend eben durch die historische Altstadt. Etwa auf Höhe des Rathauses steigt der Weg merklich an, und wir beginnen, die Flanke des Melibokus in Angriff zu nehmen.
An markanter Stelle oberhalb des Ortes beginnt der Nibelungensteig, dem wir nun folgen. Nach einigen Kehren im Wald geht der Weg in die Weinberge über. In Kehren weiter bergan, ist der Weg gesäumt von Edelkastanien und Walnussbäumen. Von der Luciberghütte fast am höchsten Punkt des Weinbergs haben wir auf 235 Meter ü. NN nochmals einen wunderschönen Blick auf Zwingenberg, die Weinlagen der Hessischen Bergstraße und in den Pfälzerwald.
Wir verlassen den Weinberg in den Wald und schnell passt sich die Vegetation schrittweise der Mittelgebirgshöhe an, in die wir uns jetzt bewegen. Der Wald ist nun ein Eichen-Buchen-Mischbestand. Wir gewinnen auf dem Nibelungensteig, der mittlerweile ein Naturpfad ist, schnell an Höhe und auf 300 Metern ü. NN überqueren wir die Kreuzung Burgensteig/Nibelungensteig. Der Burgensteig kommt hier aus Süden vom Auerbacher Schloss, welches wir jedoch erst in einigen Stunden auf anderem Wege erreichen werden. Hier vereinigt sich der Nibelungensteig auch für einige Kilometer mit dem Alemannenweg.
An der nächsten Kreuzung entscheiden wir uns für den Wurzelsteig und gehen den Berg steil weiter hinauf, den Nibelungensteig verlassend. Der Anstieg ist nun auf jeden Fall fordernd (bis über 30%), aber der Wurzelsteig durch den nun rauer werdenden Buchenwald ist sehr gut zu gehen. Durch den steilen Anstieg am Morgen ist die schnell wechselnde Vegetation (Weinberge, Edelmischwald, Eichen-Buchen-Bestand, und nunmehr ab ca. 350 bis 400 Metern Höhe 80 % Waldmeister-Buchenwald) besonders gut zu erfühlen und geht auch mit einem merklichen Temperaturabfall einher. Innerhalb einer guten Stunde haben wir so bereits drei deutlich abgrenzbare Vegetationsstufen durchwandert. Für eine Kehre nehmen wir erneut den Nibelungensteig, da der Pfad durch umgestürzte Buchen blockiert ist. In einem weiteren Schneiden des Hauptweges auf rund 450 Höhenmetern und steilem Pfad beginnt sich nun auch zum ersten (und dieser Wanderung einzigen Male) der Kristalline Odenwald mit den ausgewaschenen Felsblöcken zu zeigen.
Im letzten Wegstück vor dem Gipfel ist der Wald zu einem Laub-Nadelbaum-Mischwald geworden. Nichts erinnert mehr an die üppige und „südländische“ Vegetation vor rund 90 Minuten im Tal. Faszinierend in der Kürze des Weges…
Oben angelangt, gehen wir sogleich zum Aussichtspunkt Drachenfliegerrampe mit wunderbarem Ausblick nach Nordosten, unter anderem auf die knapp 40 km entfernte Frankfurter Skyline. An der Melibokushütte können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer versorgen.
Zweiter Teil: Waldwanderung im ruhigen Abstieg zum Auerbacher Schloss
Nach der wohlverdienten Rast und der Erholung nach dem steilen Anstieg geht es nun in den weniger sportlichen Teil der Wanderung über. Im Abstieg auf breiterem Weg wandern wir für kurze Zeit parallel zum kombinierten Nibelungensteig/Alemannenweg auf dem Fernwanderweg E8 zunächst nach Nordosten, dann nach Osten hinunter an den Rand des Mühltals. Der Weg ist durchgehend gut befestigt, so dass der Abstieg trotz kurzzeitig über 20% Gefälle keine Probleme bereitet. Dieser breite Naturpfad lässt sich angenehmer gehen als der hier teilweise geschotterte Nibelungensteig. Schnell ist das Ende des Waldes unten im Tal erreicht, und wir haben die Möglichkeit, am Kreuzungspunkt Balkhäuser Tal tiefer in den Odenwald Richtung Felsberg und das Felsenmeer zu schauen.
Besonders ist im Abstieg zu bemerken, dass – ungewöhnlocherweise – der Osthang deutlich feuchter ist als die Seite unseres Aufstiegs, sowie das Tal natürlich deutlich kühler als die Rheinebene. Hier herrschen Mischwälder vor, teilweise mit größeren Ahornbeständen.
Nach dem flotten Abstieg können wir nun, weitestgehend ohne Höhenunterschiede, den mächtigen Wald mit Vogelgezwitscher und ab und zu einem Ausblick auf die Höhen des Odenwaldes genießen. Der Weg bis zu unserem nächsten Zwischenziel, dem Auerbacher Schloss, dauert noch rund 45 Minuten. Wenig abwechslungsreich, dafür aber angenehm zu gehen. Wir wählen direkt ab dem Aussichtpunkt Balkhäuser Tal den Parallelpfad zum Alemannenweg, da auch hier immer wieder durch frische Schotteraufschüttung der Hauptweg recht unangenehm zu gehen ist. Gleichzeitig ermöglicht dieser kleiner Pfad – dennoch befestigt und als Wanderweg ausgeschildert – immer wieder Blicke in’s Tal sowie eine insgesamt abwechslungsreichere Vegetation als etwas höher mitten im Wald. Schließlich wird unser Weg oberhalb des Örtchens Hochstädten wieder auf den Haupt-Wanderweg zurückgeführt, und wir queren die kaum befahrene Straße zu den Wandererparkplätzen bereits in der Nähe der Burganlage. Der Burg selbst nähern wir uns durch den Wald, so dass wir erst relativ spät die mächtige Burgmauer entdecken – vom Tal aus ist das definitiv eindrucksvoller. Die Burg betreten wir durch das Burgtor und wenden uns rechts in den Innenhof, um auch die höhergelegenen Bereiche mit bester Aussicht zu erkunden. Dort auf der nördlichen Burgmauer steht die 300 Jahre alte Kiefer, die durch geringe Nähstoffversorgung als eine Art Bonsai gewachsen ist. Dahinter sieht man die südliche Flanke des Melibokus, und man hat so einen guten räumlichen Eindruck des gesamten Wegverlaufs. Denn auch nach Westen zur Bergstraße öffnet sich der Blick, und wir können die Weinlagen bereits erahnen, durch die wir gleich in Richtung Zwingenberg aufbrechen werden.
Dritter Teil: Weinlagenwanderung zurück nach Zwingenberg
Nach einer Einkehr in der Gastronomie des Auerbacher Schlosses (Biergarten) brechen wir auf zur letzten Etappe. Es geht zunächst recht steil nach unten an den Fuß des Schlossbergs. Hier muss es trocken sein, sonst sollte auf den alternativen Weg umgeleitet werden. Nach diesem kurzen anstrengenden Stück wird der Weg wieder wunderschön abwechslungsreich. Am bewaldeten Hang entlang geht es locker in weiten Schwüngen abwärts in Richtung der Weinlagen. Nun kommt immer mehr Sonne durch den Wald, der mit abfallender Höhe wieder mehr und mehr mit Edelkastanien, Walnuss, Wildapfel usw. durchsetzt ist. Eine Dreiviertelstunde nach Verlassen der Burg gelangen wir in die sonnenbeschienenen, steilen Hänge der Weinberge und genießen den Duft der Blumen, Gräser und Kräuter. Der Wegrand ist nun – passend zum Wanderweg, der mittlerweile auf dem Blütenweg des Odenwaldklubs verläuft – mit einer Vielzahl bunter Blumen durchsetzt. Hier und da stehen Feigenbäume. Eine völlig andere Welt als noch vor einiger Zeit in den dunklen Wäldern. Die wechselnde Vegetation und die Möglichkeit, immer wieder die Fernsicht sowie im Rückblick Schloss Auerbach und den Melibokus zu sehen, gibt am Ende der Wanderung allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern nochmal ein wenig Kraft und Frische für den restlichen Weg. Hier verläuft auch die Weinlagenwanderung am 1. Mai jeden Jahres, die mit Ständen der lokalen Winzer viele Gäste an die Bergstraße lockt. Inmitten des Weinberges, am Übergang der Auerbacher zu den Zwingenberger Lagen, können wir anhand verschiedener Schautafeln die Besonderheiten des Weinanbaugebietes „Hessische Bergstraße“ näher kennenlernen und bereits Vorfreude für die Einkehr beim Winzer im Anschluss an die Wanderung spüren. Die Strecke folgt dem Blütenweg und dem Verlauf der Weinlagenwanderung bis zum Ausgangspunkt vor nunmehr über fünf Stunden, dem Trinkwasserbrunnen am Einstieg zum Nibelungensteig. Im Ort geht es bergab zurück in Richtung Bahnhof. Es besteht die Möglichkeit, in Weinstuben und bei örtlichen Winzern einzukehren, um die anstrengende aber lohnende weil extrem vielseitige Wanderung Revue passieren zu lassen – bei einem Riesling, der vielleicht ein wenig das heute Erlebte und Erduftete widerspiegelt.
Im Falle einer geführten Fotowanderung werden wir die lange Strecke im Abstieg vom Melibokus abkürzen und auf der gesamten Tour immer wieder Pausen einlegen, um uns mit Ruhe der Naturfotografie zu widmen.